Ashrita Furman: Das Unmögliche wagen und gewinnen

Diesen Artikel habe ich Anfang 2005 geschrieben und er war für eine deutsche Esoterik-Zeitschrift gedacht. In der Zwischenzeit hat Ashrita noch viel mehr Rekorde gebrochen.

ashritapushingorange.jpgEs geschah im August letzten Jahres im Terminal 4 des JFK Flughafens in New York. Eine Traube schaulustiger Leute versammelte sich um den mittelgroßen dunkelhaarigen Amerikaner der auf allen Vieren hockend mit seiner Nase eine Orange vor sich herschubste. So komisch das auch anzusehen war wussten nur wenige, dass es sich hier um einen neuen Rekordversuch des Guinness-Buch Königs Ashrita Furman handelte. In der Tat schickte sich der Allroundathlet gerade an, die schnellste Meile im „Orange-mit-der-Nase Schieben" zurückzulegen.

Typisch für ihn dass er sich so einen scheinbar unpassenden Ort wie den Terminal 4 aussuchte, um seine neue Weltbestleistung aufzustellen, einem Ort, der tagtäglich von tausenden Reisenden durchlaufen wird und wo jederzeit höchste Sicherheitsvorkehrungen herrschen. Um eine neue Bestleistung aufzustellen, hatte er einen Boden mit glatter Oberfläche ausgesucht damit die Orange auch geschmeidig weiter rollen konnte, und er war am Flughafen fündig geworden. Die Direktorin von Terminal 4 hatte spontan zugesagt und schon konnte das Multitalent einen neuen Rekordversuch angehen. In 24 Minuten und 36 Sekunden legte er die schnellste Zeit für diese ungewöhnliche Disziplin zurück und durfte seinen 22. Guinness-Buch Rekord verbuchen.

Ashrita Furman ist in Amerika ein bekannter Extremsportler, der die meisten aktuellen Guinness-Buch Rekorde (25) hält, und auch insgesamt die meisten Rekorde gebrochen (90) hat. Das athletische Talent wurde ihm allerdings nicht in die Wiege gelegt. Obschon er das Guinness-Buch der Rekorde schon als Kind gerne gelesen hat, fühlte er sich nie zum Sport hingezogen. Er verbrachte viel Zeit damit seinen Verstand zu entwickeln und war in seiner Jugend als Vielleser bekannt, für den Sport reine Zeitvergeudung war.

Doch das Bücherwissen alleine konnte ihn nicht ganz erfüllen. Er suchte nach einem tieferen Sinn in seinem Leben und interessierte sich schon in jungen Jahren für östliche Philosophie und Yoga. So kam es dass er einmal an einer geführten Meditation in New York teilnahm, die vom angesehenen bengalischen Meditationslehrer Sri Chinmoy geleitet wurde. Bald darauf wurde Ashrita dessen Schüler, was seinem Leben eine ganz neue Richtung gab. „Die Philosophie der Selbst-Transzendenz meines Lehrers, seine eigenen Grenzen zu überwinden und jeden Tag spirituellen Fortschritt zu machen, begeisterten mich“, erläutert Ashrita. Sri Chinmoy lehrt einen ganzheitlichen Yogaweg, bei dem neben Meditation auch viel Wert auf körperliche Fitness gelegt wird. Mit letzterem Punkt wusste Ashrita allerdings nicht viel anzufangen und ließ diesen auch gleich ganz aus seinem Tagesablauf weg. Als jedoch ein paar Jahre später Sri Chinmoy ihn inspirierte an einem 24-Stunden-Fahrrad-Rennen teilzunehmen, konnte er nicht ablehnen. Ashrita kaufte sich knapp 2 Wochen vor dem Rennen ein Fahrrad und begann sehr entschlossen zu trainieren. Beim Wettbewerb selbst überraschte er nicht nur die Konkurrenz sondern vor allem sich selbst. Er schaffte hervorragende 640 Kilometer was insgesamt einen dritten Platz bedeutete.

Nun war das Eis endgültig gebrochen. „Ich verstand aus erster Hand“, erklärt Ashrita, „dass, wenn du dich mit deiner inneren Quelle verbinden kannst und empfänglich für eine höhere Kraft bist, du alles vollbringen kannst“. Durch diese Erfahrung inspiriert, nahm er sich dann vor einen Guinness-Rekord zu erringen. Nach mehreren vergeblichen Versuchen schaffte er dies auch in der Disziplin „Wie-Ein-Hampelmann-Springen“. Er bewältigte 27000 Stück und wurde mit dieser Leistung ins Kompendium der Superlative aufgenommen, wo er auch neben der bekannten Gymnastin Nadia Comanecci abgebildet wurde. Dies gab ihm noch zusätzliche Motivation. Auf der gleichen Seite des Guinness-Buches war ein Photo von demjenigen, der die längste Distanz im Purzelbaumschlagen zurückgelegt hatte. Dies motivierte Ashrita dazu seinen zweiten Guinness-Rekord in Angriff zu nehmen, nämlich die längste Strecke im Vorwärtsrollen zu bewältigen. Dieses Kunststück vollbrachte er dann auch im Central Park von New York und legte die Distanz von 10 Meilen zurück. Damit war sein zweiter Guinness-Buch Eintrag perfekt. Allmählich fand er Gefallen an diesem außergewöhnlichen Hobby, und begann sehr hart zu trainieren. „Ich baute physische Übungen in meine tägliche spirituelle Praxis ein“, sagt er. Es folgten viele Rekorde und die Ideen etwas Neues zu probieren gingen ihm auch nie aus. Für Ashrita sind die 90 Bestleistungen, die er erzielt hat, jedoch nicht ein einfaches Anhäufen von Rekorden. „Ich bekomme nicht nur Freude beim Praktizieren sondern auch wenn ich meinen Fortschritt sehe, den ich erziele, wenn ich versuche ein ausgefallenes Ziel zu erreichen“, sagt er sagt dazu. Außerdem will er auch etwas an andere Menschen weitergeben: „es ist ein Weg den Leuten eine Botschaft zu vermitteln, die Botschaft dass Meditation ihr Leben verändern kann.“

Ashrita with milk bottleAshrita meditiert selbst seit über 25 Jahren. Sein Name „Ashrita“ kommt aus dem Sanskrit und heißt „beschützt durch Gott“, den er von Sri Chinmoy wegen seiner bemerkenswerter Ausdauer und Stärke erhalten hat. Diese inneren Qualitäten bringt er immer wieder bei seinen Bestleistungen zum Vorschein. Für Ashrita ist die ganze Rekordjagd kein Wettstreit mit anderen sondern das Streben nach spiritueller Vollkommenheit. Wenn jemand seine Rekorde bricht, spornt ihn das zu noch mehr Leistung an, zur so genannten Selbst-Transzendenz die in Sri Chinmoys Yoga so eine große Rolle spielt.  „Ich will nicht der König von Guinness sein, das ist nicht mein Ziel. Ich will meine physischen und spirituellen Grenzen überwinden.“

Genau dies ist das gewisse Etwas, das Salz in der Suppe, das ihn bei seinen Rekorden so reizt. Bei jedem Rekordversuch stößt er irgendwann an seine physischen Grenzen. Seine Muskeln fangen an zu schmerzen, er wird müde und manchmal wird es ihm stockübel. Das sind die Augenblicke wo ihm die Meditation am hilfreichsten ist. Das sind die Momente von unheimlicher Intensität, die Ashrita so liebt, weil er sich hier ganz nach innen konzentrieren muss um sein inneres Potential zum Vorschein zu bringen. Nur so ist es ihm möglich die Schmerzen zu  überwinden und die physischen Grenzen zu durchbrechen. Dies konnte man sehr deutlich beobachten als Ashrita an den Impossibility Challenger Weltrekordspielen in München im Oktober 2002 teilnahm. Ashrita wollte nicht nur einen neuen Rekord aufstellen sondern gleich drei. Das erstaunlichste daran war, er schaffte das schier Unmögliche: die schnellste Meile im „Hula-Hoop Reifen um die Hüfte schwingen“, die schnellste Meile im „Gehen mit Ausfallschritten“ und die längste Zeit im „Balancieren auf einem Medizinball“. Um so eine Leistung zu vollbringen, braucht man vor allem große innere Willensstärke. Dazu meint Ashrita: „Jeder von uns trägt ein ungeheuerliches Potential in sich, das nicht genutzt wird. Es ist nicht der physische Körper, der es möglich macht sondern die innere Geisteskraft.“

Der amerikanische Guinness-Buch Herausgeber Mark Young hat mal über ihn gesagt: “Er hat so ein bewundernswerten Enthusiasmus fürs Leben. Er zeigt dass, wenn man sich etwas vornimmt und dann dafür hart trainiert, so ziemlich alles erreicht werden kann. Er ist ein wundervoller Botschafter des Guinness-Buches.“ Diese Lebensfreude und diesen Enthusiasmus zeigt Ashrita bei all seinen Rekorden. Er war der Pionier von vielen neuen Kategorien, wie Landrudern, Unterwasserjonglieren, oder „Milchflasche-auf-dem-Kopf Balancieren“. 

Weil er auch immer offen ist für neue verrückte Abenteuer, sind viele seiner Rekorde in ganz verschiedenen Ländern aufgestellt worden. Er hat in allen 7 Kontinenten Rekorde gebrochen, der letzte kürzlich in China. Der humorvolle New Yorker bringt Leute auch gerne zum Lachen. Aus diesem Grund liebt er es auch in Fernsehsendungen aufzutreten wie Good Morning America und die Primetime News von CNN. Kein Wunder dass er in den späten 80zigern Jahre bei Wetten Dass des ZDF zu Gast war und natürlich seine Wette gewonnen hat. Ashrita ist jetzt 50 Jahre alt und dennoch kein bisschen müde nach neuen Herausforderungen zu streben. Schließlich plant er auch für dieses Jahr wieder etwas ganz Besonderes. Was dies allerdings sein wird will der sympathische Junggeselle jedoch noch nicht verraten.

Mehr Infos unter www.ashrita.com